Unlängst bin ich zufällig und unverhofft an einen Biber gekommen, samt seinem prächtigen Schwanz, der ein wenig an ein Paddel erinnert, das mit Echsen- oder Schlangenhaut überzogen ist. Unter tatkräftiger Mithilfe der Gebrüder S. und des Herrn F. haben wir ein mehrgängiges Menü aus ihm gekocht: Es gab knusprige Bibergrammeln und Biberfilet, Medium Rare, rosa gebratene Biberkeule und Biberbauch-Rouladen (klassisch mit Senf und Gewürzgurken gefüllt), und, der Höhepunkt des Abends, Biberschwanzsuppe.
Seither träume ich immer wieder vom Biber. Er ist das beste Wildfleisch, das mir bisher untergekommen ist: Er schmeckte ähnlich wie Rind, bloß interessanter, mit einem merkbaren, aber unaufdringlichen, fast möchte man sagen: eleganten Hauch von Wildnis, mürbe und für ein Wildtier ungewöhnlich fett und saftig. Die Biberschwanz-Suppe, seit Jahrhunderten als Delikatesse gerühmt, war besonders delikat: Biberschwanz ist weder Fett noch Fleisch, sondern irgendetwas Köstliches dazwischen: Er hat eine ähnlich weiche Konsistenz und weiße Farbe wie Teile des Schweinskopfs, langes Kochen macht ihn weich und herrlich glibbrig. Wir haben ihn in kräftiger Biberbrühe serviert, mit etwas Wurzelgemüse und frisch geriebenem Kren, ganz ähnlich wie eine steirische Klachlsuppe (traditionelle Schweinshaxen-Suppe, Anm.) Ich würde Biber jedenfalls liebend gern wieder essen — wenn er nicht (noch) eine sehr rare Delikatesse wäre.
Der Biber steht in großen Teilen Europas unter strengem Naturschutz. Seine Köstlichkeit und sein schönes Fell sind ihm in den vergangenen Jahrhunderten zum Verhängnis geworden, genauso wie die Tatsache, dass er im Wasser lebt: Die katholische Kirche erklärte ihn kurzerhand zum Fisch, er wurde damit auch an Fastentagen essbar. Neben Fleisch waren auch das Fell und das sogenannte „Bibergeil“ begehrt, ein Drüsensekret, das in der Volksmedizin benutzt wurde. Die Bestände schrumpften unter massiver Jagd und Lebensraumvernichtung immer weiter, bis er im 19. Jahrhundert in Österreich (und dem Großteil Zentraleuropas) ausgestorben war.
Die gute Nachricht: Dank Umweltschützern feierte er nach mehr als 100 Jahren in den 1970ern ein vorsichtiges Comeback. Weil er außer dem Menschen keine natürlichen Feinde hat, wächst die Population beständig — rund 5.000 Tiere leben derzeit wieder hier, vor allem entlang der Donau in Niederösterreich. Pia Buchner, Sprecherin der Österreichischen Bundesforste, bezeichnet die Wiederansiedlung des großen Nagers als einen „Meilenstein des österreichischen Naturschutzes“. So groß ist die Population, dass es mancherorts schon wieder zu Konflikten zwischen Mensch und Biber kommt.
Er nagt Obstbäume an, blockiert Straßen mit gefällten Stämmen oder sorgt mit seinen Bauten, die Flüsse stauen, für Überschwemmungen. Mit Sondergenehmigung wird er daher in Niederösterreich gelegentlich gefangen und geschossen. Nun sollte niemand ein geschütztes, seltenes Tier für sein Fleisch erlegen — All You Can Eat distanziert sich ausdrücklich davon, Biber zum Essen zu jagen, mögen sie auch noch so köstlich sein. Genauso unmoralisch ist es aber, ein bereits geschossenes Tier nicht zumindest sinnvoll zu verwerten.
In Bayern wird das Biberessen daher im privaten Jäger-Kreis mittlerweile wieder gefeiert: Auch hier sind die Biberbestände wieder so genesen und groß geworden, dass einige geschossen werden — die Jäger dürfen sie hier aber nach der Beschau behalten, verkochen und verspeisen. Was genau in Österreich mit den paar Dutzend pro Jahr geschossenen Tieren passiert, konnte mir niemand so recht beantworten. Die Frau Buchner nimmt an, dass die meisten davon wohl präpariert werden, als Trophäen und Anschauungsobjekt für pädagogische Zwecke.
Hoffentlich entwickeln sich die Bestände weiterhin gut, und der Biber bekommt Teile seines alten Lebensraums zurück — dann könnte eine nachhaltige, vorsichtige Bejagung und Verspeisung wieder möglich werden. Sollte Ihnen eines Tages tatsächlich ein legal gejagter Biber samt Schwanz in die Hände fallen: Wir sind mit unserem folgendermaßen vorgegangen.
Biberschwanzsuppe mit Kren (für sechs Esser)
Wir haben unsere Suppe aus jenem Teil des Schwanzes gekocht, mit dem der Biber im Gefahrenfall auf die Wasseroberfläche klatscht und den er unter Wasser als Paddel benutzt — nicht dem muskulösen Fleischstück, das direkt daran anschließt und mit dem eben dieses Paddel bewegt wird.
Einen legal erlegten Biber samt Schwanz
Etwas Wurzelgemüse
Frisch geriebenen Kren (Meerrettich)
Apfelessig
Aus den Biberknochen und Abschnitten eine Suppe kochen: Die Knochen bei 220 Grad mindestens 30 Minuten im Rohr rösten, dann mit kaltem Wasser bedecken, Wurzelgemüse zugeben und zum Sieden bringen. Mindestens vier, gern auch sechs Stunden sanft köcheln lassen. Über Nacht kalt stellen und am nächsten Tag das feste Fett von der Oberfläche heben.
Den Schwanz kurz mit kochendem Wasser überbrühen, etwas auskühlen lassen und die schuppige Haut abziehen — das geht erstaunlich leicht. Die feste Bindegewebeschicht darunter mit einem Messer entfernen und den weichen Rest in topftaugliche Stücke schneiden. Mit der Bibersuppe bedecken und vorsichtig weich dünsten, etwa eine Stunde. Dann die Knochen entfernen und das Fleisch in mundgerechte Stücke schneiden. Die Suppe mit Apfelessig abschmecken.
Karotten und Lauch in feine Julienne-Streifen schneiden. In jede Suppenschüssel etwas Schwanzfleisch und Gemüse legen und mit sehr heißer Suppe übergießen. Frischen Kren darüberreiben und sofort, eventuell mit knusprigen Bibergrammeln, servieren.
Die Geschichte ist Teil von All You Can Eat #2, die Fremd-Ausgabe. Das ganze Heft kann unter www.allyoucaneatmagazine.com bestellt werden.
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