Mein neues Buch ist da!

„Tutto Napoli – der Geschmack der Stadt“ ist endlich erschienen.

Mein erstes Essen in Neapel war eine frittierte Pizza. Sie war tellergroß, dick wie zwei aufeinandergelegte Langos und gefüllt mit einer Mischung aus Ricotta und Schinkenresten, die geschmacklich stark an Grammeln erinnerten. Nachdem sie im heißen Schmalz gebadet hatte, war sie mit fünf dicken Scheiben Fior di Latte und or- dentlich Ragù belegt und anschließend im Holzofen gebacken worden, bis der Käse geschmolzen und das Ragù blubbernd heiß war. Vor dem Servieren wurde sie noch mit einem einzelnen Basilikumblatt garniert, sodass der weiße Käse, die rote Sauce und das Blatt an eine fetttriefende italienische Flagge erinnerten.

Als die Pizza von dem Kellner im weißen Hemd und mit schwarzer Masche vor mich gesetzt wurde, überkam mich ein Gefühl wie am Fuße eines zu hohen Berges mit zu schwerem Rucksack am Rücken. Ich habe das Monster fotografiert, aufgegessen, und dann lange keine frittierte Pizza mehr bestellt. Auf dem Heimweg, von leichter Übelkeit geplagt, habe ich das Bild getwittert und mit „The Mediterranean Diet“ untertitelt.

Der Text ist das Vorwort aus “Tutto Napoli – der Geschmack der Stadt”, das diese Woche aus der Druckerei gekommen ist. Mehr als 300 leinengebundene Seiten, mit Fotos vom Peter Mayr, Texten und Rezepten von mir und meinen neapolitanischen Freunden, und herausgegeben von der Maria Fuchs. Im Newsletter wird es immer wieder Geschichten und Rezepte daraus geben.

Ich habe an diesem Abend gelernt, dass neapolitanische Küche für Außenstehende mindestens so oft vertraut wie über- raschend ist. Vertraut, weil vieles, was die ganze Welt als italienisches Essen kennt, von hier kommt, sei es Pasta Secca, Pizza, Tomatensauce oder Mozzarella. Mindestens so viele Gerichte aber, die in Neapel bis heute alltäglich sind, haben die Reise nicht mitgemacht.

Pasta wird in Neapel nicht nur mit Tomatensauce oder Muscheln, sondern auch mit gekochten Kutteln und Erdäpfeln genossen. Soffritto, ein scharfer Eintopf aus in Schweineschmalz frittierten Innereien, ist genauso üppig und wärmend, wie es klingt und eine der großen Freuden des neapolitanischen Winters. Und auf den Straßen stehen immer noch Händler, die pfefferscharfe Oktopussuppe verkaufen (ein Gericht, das es länger gibt als die Chili in Europa) oder vulkanisches Schwefelwasser mit Zitronensaft.

Neapel ist eine der ältesten durchgehend bewohnten Städte der Welt, ein menschlicher Ameisenhaufen, ein Ort, der so grundlegend geprägt wurde von menschlicher Kultur, dass selbst sein felsiger Untergrund noch durchbohrt ist von uralten Tunneln und Katakomben. Er hat sich über die Jahrtausende ständig verändert, dabei ist aber stets noch ein Stück des alten, des vorherigen Neapel lebendig geblieben. Das macht diese Stadt bis heute so vielschichtig – im übertragenen Sinn und wortwörtlich.

Auf griechischen Grabkammern stehen römische Aquädukte, in normannische Türme sind antike Säulen eingemauert, gotische Kirchen verstecken sich hinter barocken Fassaden. Auf großen, alten Häusern stehen obendrauf kleinere, aus einer jüngeren Zeit, und selbst auf Terrassen und Balkonen sind oft noch kleine Hütten gebaut. Oft sieht das alles aus, als wäre es ganz von selbst gewachsen und gewuchert wie ein al- ter Baum.

Gehsteige, eine der dümmsten Erfindungen der Moderne, sind hier noch unbekannt: Die Straße gehört jedem, der sie sich nimmt, und das tun viele – seien es spielende Kinder, flanierende Pärchen, schreiende Marktfahrer (mit ihren Stän- den) oder Mopeds. In halb verfallene Paläste sind ganze Dörfer eingezogen. Neapel hat eine Energie, eine Lebendigkeit, die in Europa selten ist und die höchst belebend sein kann, wenn man so etwas denn mag. Neapolitaner beschreiben ihre Stadt gern als „die nördlichste Stadt Afrikas“.

Sicher, Neapel macht es einem nicht immer leicht. Es ist ein Ort der Extreme, reich und arm, prächtig und hässlich, furchtbar schwierig und fast unerträglich leicht. Es bedarf ständiger Wachsamkeit, im Geschäft nicht beschissen, auf der Straße nicht niedergefahren zu werden, und eiserner Geduld, wenn die U-Bahn nach einer Stunde immer noch nicht kommt oder eines der zahlreichen Schlaglöcher das Auto in der Mittagshitze zur Strecke bringt. Pünktlich ist man hier höchstens zufällig.

Das Gute ist aber: Es kümmert niemanden, wenn wer zu spät kommt. Und wenn man einmal ist, wo man hinwill, ist es dort oft berauschend schön: auf den Felsen über Posillipos glasklarem Meer, an einem alten Holztisch voller Köstlichkeiten einer zum Bersten vollen Trattoria oder unter blühenden Zitronenbäumen in einem Garten mit Blick auf den im Sonnenuntergang rot leuchtenden Vesuv.

Neapel paradiesisch sein: In dem Klima und auf den fruchtbaren Vulkanböden gedeiht famoses Gemüse und Obst (Zitronen sind so süß und aromatisch, dass man sie problemlos samt Schale als Salat essen kann) und im Wasser entlang der felsigen Küste leben immer noch genug Fische und Meeresfrüchte, um sie für sehr wenig Geld kaufen und zu einem ganz normalen Alltagsessen machen zu können. Die Märkte und Salumerias, die kleinen Bäckereien, Fleischhauereien, die Fisch- und Gemüse- händler der Stadt sterben nicht aus oder werden nur mehr von alten Frauen besucht, sondern sind höchst lebendige Orte:

Die meisten Menschen kaufen hier jeden Tag ein. Es gibt Geschäfte, die sich nur auf Muscheln und Krustentiere spezialisiert haben, Bäckereien, die nur Friselle, süditalienischen Zwieback, backen, und fahrende Händler, die je nach Jahreszeit wilde Kräuter vom Vesuv oder Cozze von den lokalen Muschelbänken verkaufen.

Nach jener ersten frittierten Pizza haben meine Frau und ich immer mehr Zeit hier verbracht. Erst ein paar Monate, dann ein Jahr. und eines Tages haben wir gemerkt, dass wir sie wohl nie wieder ganz loswerden werden. Irgendwann dazwischen ist dieses Buch entstanden.

Wir hoffen, dass es Ihnen nicht nur hilft, sich in der Stadt zurechtzufinden, sondern sich in sie zu verlieben – die Pracht und Schönheit im und zwischen dem Ver- fall zu sehen, und die Freiheit zu genießen, die das Chaos bringt. Und es soll vor allem dafür sorgen, dass Sie dabei richtig gut essen – sei es in Ihrer Küche oder mittendrin in Neapel.

Tutto Napoli – der Geschmack der Stadt – mehr als 300 leinengebundene Seiten, mit Fotos vom Peter Mayr, Texten und Rezepten von mir und meinen neapolitanischen Freunden, und herausgegeben von der Maria Fuchs. Zu kaufen in der Pizza Mari, im ausgewählten Buchhandel und online.




4 Antworten zu „Mein neues Buch ist da!”.

  1. Avatar von Frank Aßmann-Staudt
    Frank Aßmann-Staudt

    Vielen Dank für das Buch – gestern bestellt, heute geliefert und es bereitet große Freude!

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  2. Wunderbar, das freut mich sehr!

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  3. Hallo Tobi, wenn ich das Buch bei dir bestelle, schreibst du mir eine Widmung hinein?
    LG, Wolfgang

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    1. Ich fürchte, das ist logistisch gerade ein wenig schwierig. Ich habe selbst keine Bücher zum verschicken, es wird von einer Wiener Buchhandlung versandt, und ich sitze aktuell in Italien. Wir überlegen aber noch eine kleine Präsentation im Herbst. Lg

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