Die beste Liste der besten Kochbücher 2015

2015 war ein ziemlich gutes Kochbuchjahr. Das bisher vielleicht nützlichste Kochbuch aller Zeiten ist erschienen, zahlreiche super Köche haben ihre Bücher veröffentlicht, und ich hab für mich einige schöne, ältere Bände gefunden. Hier findet sich wie jedes Jahr vor Weihnachten meine Google-optimierte Übersicht über meine Buch-Highlights – wie immer nicht nur mit 2015 erschienenen, sondern auch bloß 2015 von mir gekauften Büchern. Offenbar war es für mich das Jahr der asiatischen Küche, die ich endlich auch angefangen habe, vermehrt selbst zu kochen.

Die Listen der Vorjahre finden sich übrigens hier und hier.

The Food Lab – Better Home Cooking Through Science

Sollten Sie beschließen, nur ein einziges Kochbuch in Ihrem Leben zu lesen und zu besitzen, es sollte dieses sein. Der einzige Grund, es nicht zu kaufen, ist, dass Kenji Lopez Alt einen Gutteil seines Wissens bereits jetzt gratis auf Serious Eats zur Verfügung stellt. Andererseits: knapp 50 Euro sind ein guter Preis für eine bessere Übersicht, zahlreiche Extrainfos und die happtische Urgewalt dieser Schwarte.

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Das Buch enthält schlicht alles, was ein Heimkoch wissen muss, von der essentiellen Küchenausstattung über den Unterschied zwischen Temperatur und Hitze bis hin zum richtigen Lagern von Fisch und Spargel. Lopez Alt geht mit wissenschaftlicher Gewissenhaftigkeit und Versuchsanordnungen an alltägliche Kochprobleme heran und findet so die beste Lösungen für sie: Sei es, wie man ein Ei am besten kocht, sodass es sich nachher gut schälen lässt oder wann Burger am besten gesalzen werden, um eine richtig gute Konsistenz zu bekommen. Die Rezepte sind dabei nebensächlich – wer das hier gelesen hat, der kann  so ziemlich alles besser kochen. Ich kann mit Links und Lob gar nicht genug klar machen, wie viel ich Kenji verdanke. Er mag kein Literat sein, die Texte sind aber immer amüsant rund lesbar. Ich glaube, dass ich von niemandem außer vielleicht Thomas Keller mehr übers Kochen gelernt habe als von ihm.

Die einzigen anderen Bücher, die vergleichsweise viel Hintergrundwissen bieten, sind Harold McGees „On Food and Cooking“ und „The Modernist Cuisine„. Ersteres ist das zweite Buch übers Essen, dass Sie besitzen sollten, es ist aber eher ein Lexikon und eignet sich nur bedingt, falls Sie sich plötzlich fragen, wie Sie Ihr Omlette besser machen können. Zweiteres ist schlicht unbrauchbar für den Heimkoch und außerdem viel zu teuer.

Lopez Alt Buch ist lang, teilweise steht etwas mehr drin, als man wissen möchte und hin und wieder wiederholen sich die Infos. Das wars aber auch schon mit der Kritik. Uneingeschränkte Verschenkempfehlung. Und vergessen Sie nicht, sich selbst eins zu kaufen, falls Sie es noch nicht haben und es Ihnen niemand schenkt.

Kenji Lopez Alt: The Food Lab – Better Home Cooking Through Science

101 Easy Asian Recipes

Kann ein Buch komplett schlecht sein, dass von seinen Autoren mit „Actually Easy, Very Good, 100% Inauthentic!“ beworben wird? Das ein Rezept für „Fishsauce-Spareribs“ enthält, genauso wie eine fotografisch unterstütze Übersicht asiatischer Nudel- und Reissorten? Die Crew um Lucky Peach, dem immer noch beste Fressmagazin der Welt, hat mit 101 Easy Asian Recipes sein erstes Kochbuch veröffentlicht, und es ist genauso witzig und charmant geworden, wie Lucky Peach Leser sich das nur hätten wünschen können.

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Die Rezepte sind so simpel, dass sie oft mehr Aromakombination als Kochnanleitungen sind – unerfahrene Asiaköche erfahren hier aber, wie simpler (und sehr guter) gebratener Reis gemacht wird, wie man Suppenknödel formt oder was genau in den Pho gehört. Und ein Rezept für Nudelsuppe mit Brathuhnresten oder „Druckkochtopf-Pho“ hat sowieso noch keinem geschadet. Die Einleitung mit ihrer Übersicht über asiatische Zutaten ist zudem der perfekte Guide für erste Einkaufsversuche in einem asiatischen Supermarkt.  Und das Cover ist wohl eines der schönsten, die dieses Jahr gedruckt wurden.

The Bread Baker’s Apprentice – Mastering the Art of Extraordinary Bread

Das Buch, dass mir 2015 vielleicht am meisten Freude bereitet hat. Ich verdanke ihm so wunderbare Momente wie mein erstes, tatsächlich gutes und schönes Sauerteigbrot und meine bisher besten Bagels.

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Als ich beschlossen habe, ein bisschen backen zu lernen, habe ich mich durch einige Backforen gelesen und bin dort oft auf Reinhards Buch gestoßen. Es ist ein klassisches Anfänger-Backbuch und in zwei Teile geteilt: Im ersten, theoretischen, lernen Sie alles, was Sie als Heimbäcker über Mehl, Gluten, Hefe, Enzyme und dergleichen wissen müssen, im zweiten finden sich Rezepte für sehr klassische Brote wie ein französisches Baguette, Weizensauerteig oder, ich staunte, Kaisersemmeln.

Reinhard hat lange selbst mehrere legendäre Bäckereien bebacken und eine Zeit in Frankreich verbracht, um übers Baguette zu lernen. Sein erklärtes Ziel in diesem seinem dritten Buch ist es, seine Leser, die Heimbäcker, von der Knechtschaft des Rezepts zu befreien: er will, dass seine Leser nach der Lektüre genug von Mehl, Temperatur, Mischverhältnissen verstehen, um ihre eigenen Rezepte entwickeln zu können, andere anzupassen, und nicht nur gutes, sondern sehr gutes Brot backen.

Der Theorieteil ist amüsant und verständlich geschrieben und durch Geschichten aus Reinhards Bäckerleben aufgelockert, am Anfang aller Rezepte erzählt Reinhard einiges zur Geschichte und Theorie des jeweiligen Brotes. Alle, die ich probiert habe, funktionieren nicht nur, das Ergebnis schmeckt auch ganz hervorragend.  Sämtliche Schritte sind ausführlich erklärt, die Mengenangaben nicht nur in Gramm sondern auch in Bäckerprozenten machen es einfach, einmal mehr oder weniger zu backen.

Kein anderes Buch habe ich diese Jahr einerseits so oft verwendet, aus keinem anderen Buch habe ich so viel praktisches gelernt: Warum ein Teig nur gut wird, wenn er langsam gärt, wie wichtig Temperatur bei der Teigführung ist, wie sich diverse Mehle unterscheiden – und dass Backen zwar anfangs kompliziert wirkt (und es auch immer wieder ist), aber trotzdem bewältigbar ist und vor allem sagenhaft Spaß macht. Ich hab mir reisebedingt die Kindle-Edition zugelegt, etwas, was ich bei Kochbüchern sonst nie mache – und sogar die macht Spaß beim Arbeiten.

Peter Reinhard, Ron Manville: The Bread Baker’s Apprentice – Mastering the Art of Extraordinary Bread

Japanese Cooking – A Simple Art

Mein liebstes Lesebuch 2015. Weniger ein Kochbuch, sondern mehr eine Enzyklopädie der japanischen Küche – Was „The fundamental Techniques of Classic Cuisine“ für die französische Küche sind, das ist dieses Buch für die japanische. Der Schwerpunkt liegt nie auf Rezepten, immer auf Techniken und Warenkunde. Wie schneiden Sie eine Forelle in Sashimi? Wie wird ein Tempura-Teig gerührt? Und wie kochen Sie am besten Reis? Die Antwort auf die letzte Frage ist beachtliche fünf Seiten lang.

Shizuo Tsuji war Journalist, Autor, Koch und der Gründer einer der zwei bedeutenden Kochschulen Japans, der „Ecole Technique Hotelier Tsuji“ in Osaka, die heute noch von seinem Sohn Yoshiki geführt wird. Er ist für die japanische Küche ein bisschen, was Julia Child für die französische war und Marcella Hazan für die italienische: Ein weltweiter Wegbereiter, Erklärer und Popularisierer. Er begleitete M.F.K. Fischer auf ihren Japantrips und öffnete Ruth Reichel die Welt der japanischen Küche. Ich konnte mir also keine bessere Vorbereitung auf meine Japanreise wünschen.

Sicher, das Buch ist etwas in die Jahre gekommen und wirkt an manchen Stellen etwas dogmatisch: etwa, wenn Tsuji sich weigert, über Ramen zu schreiben, das neumodische chinesische Zeug, das nicht japanisch sondern chinesisc ist. Manchmal ist genau das Altmodische aber auch charmant und herrlich komisch, etwa, wenn er schreibt, dass Fisch auf europäischen Märkten so frisch aussieht wie jemand, der gerade das Spital verlassen hat, oder Leuten, die keinen frischen Tofu bekommen können, Lammhirn als Ersatz empfiehlt (wegen der ähnlichen Konsistenz)

Tsuji stellt anfangs die wichtigsten japanischen Zutaten und Küchenutensilien in einer Art Lexikon vor, er erklärt, wie ein japanisches Menü aufgebaut ist, schließlich folgen Kapitel über die verschiedenen Zubereitungsarten.

Das einzige, was mir nach der Japanreise ein bisschen gefehlt hat, sind Infos über das passende Geschirr, dass in Japan eine so enorme Rolle spielt. Abgesehen davon ist dieses Buch die beste Einführung in japanische Esskultur, die man sich wünschen kann.

Shizuo Tsuji, Yoshiki Tsuji: Japanese Cooking – a Simple Art

The Modern Art of Chinese Cooking

Jahrelang hat dieses Buch mehr oder weniger ein Schattendasein in meinem Bücherregel geführt, bis ich heuer endlich begonnen habe, damit zu kochen. Als ich es vor ein paar Jahre in einem Antiquariat gekauft habe, habe ich den Technikteil gelesen, für gut befunden, und  mich dann nicht weiter damit beschäftigt – ein Fehler.

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Selten gibt es Kochbücher, deren Rezepte sich tatsächlich erfolgreich nachkochen lassen. Das liegt teilweise am Format: Rezepte können nie mehr als Empfehlungen und Inspiration sein, weil alle Zutaten, alle Herde, Töpfe und Köche anders sind. Ich bin deswegen eher skeptisch bei allen Büchern, die genaue Mengenangaben, aber sehr kurze Rezeptbeschreibungen bieten – sind sind meiern Meinung nach eher Inpspirationsquellen als tatsächliche Kochanleitungen. Dieser Band gehört zu den Büchern, in denen es umgekehrt ist: Auch hier gibt es Mengenangaben, viel wichtiger aber sind die folgenden meist langen Ausführungen. Das sorgt dafür, dass trotz Dicke des Buchs wenige Rezepte enthalten sind. Die lassen sich aber tatsächlich so umsetzen. Und der Theorieteil vorab gehört zu den besseren, die mir über chinesisches Kochen untergekommen sind.

Als ich mich heuer auf das Reis-Erntedankfest im Burgenland vorbereitet habe, ist es mir wieder in die Hände gefallen. Das Melanzanie-Rezept darin gehört seither, sei es mit Melanzani oder Kürbis, zu meinen meistgekochten, und auch der scharfe Tofu kommt mir immer wieder auf den Tisch. Bereits vor einiger Zeit habe ich die frittierte, gedämpfte, geräucherte Ente für sehr gut befunden, und ich freue mich darauf, weitere Schätze zu heben.

Das einzige Problem: das Buch ist derzeit vergriffen. Antiquarisch ist es allerdings noch zu haben.

Barbara Tropp: The Modern Art of Chinese Cooking

Drift Magazine

Für alle, die auch nur ein entferntes Interesse an Kaffee haben. Wenn ich eine neue Stadt in einem reichen Land besuche, dann ist meine Art, sie kennen zu lernen, dort nicht nur möglichst viel zu essen, sondern auch Kaffee zu trinken. Das ist teilweise und glücklicherweise auch beruflich bedingt. Ich habe in Tokyo Tage damit verbracht, zu Kaffeehäusern zu fahren, sie zu fotografieren und ihren Kaffee zu trinken. Oft hat mich das in Ecken der Stadt geführt, die ich sonst nicht besucht hätte, auf dem Weg dorthin bin ich an vielen Dingen vorbei kommen, die ich sonst verpasst hätte – kurz, es hat mich bereichert und Spaß gemacht.

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Drift Magazine ist die Magazin gewordene Variante einer solchen Expedition: Jede Ausgabe ist einer bestimmten Stadt und ihrer Kaffeekultur gewidmet: von traditionellen Kaffeehäusern über Dosenkaffee bis hin zu Third Wave Röstern und Brühern. Das Heft ist höchstwertig gemacht und Werbefrei, weil es von jemandem kommt, der sich um Geld nicht sorgen muss und außerdem beste Kontakte in der Fresswelt hat. Die Texte sind nicht übermässig lang, aber durchwegs interessant und gut recherchiert, die Fotos meist eine Freude.

Ich finde, ein gutes Geschenk für jeden, der sich nur entfernt für Kaffee und die jeweilige Stadt interessiert.  Ich habe mir die Tokyo Ausgabe für meine Zeit in der Stadt besorgt. Sie war mir ein guter Guide. Bisher sind New York und Tokyo erschienen, bald kommt Havanna, und danach, wenn ich das richtig im Kopf habe, Mexiko City.

Drift Magazine

The Mission Chinese Food Cookbook

Und noch ein Kochbuch aus dem Lucky Peach Dunstkreis. Als ich vor drei Jahren das erste Mal in Danny Bowiens Mission Chinese Food in San Francisco gegessen habe, war ich etwas enttäuscht. Das aufgetischte war schon gut, aber nicht so umwerfend fantastisch weltverändernd, wie ich mir das in den Wochen davor ausgemalt hatte. Das kann aber auch daran gelegen haben, dass ich mir einfach zu viel erwartet habe: wenige Restaurants und Köche haben in den vergangenen Jahren einen solchen Hype erfahren, wie dieser chinesische Crossover-Bastard.

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Mittlerweile hat Herr Bowien zwei weitere Restaurants in New York aufgesperrt, mindestens ein Kind gezeugt und nun auch sein erstes Buch geschrieben (oder zumindest schreiben lassen). So viel Fleiß, finde ich, kann mit einem Kauf belohnt werden – zumal sein Rezept für Mapu Tofu mein derzeitiger Standard für dieses Gericht ist: Fischsauce, Rinderfett und Thaichili geben dem klassischen Eintopf einen unerwarteten Extrakick. Und seinen generellen Ansatz, sich rein gar nichts um sämtliche Traditionen und Landesgrenzen zu scheren und trotzdem gut zu kochen, muss man erst mal schaffen. „Fast, cheap, and out of control“, hat Pete Wells Bowiens Essen einmal genannt.

Das Buch ist halb Rezeptbuch, halb Danny Bowien Biographie, und damit mehr für Fans und Kochwelt-Interessierte als für Heimköche geeignet. Wer immer schon wissen wollte, wie es ist als koreanisches Adoptivkind in Oklahoma aufzuwachsen oder wie man perfekten Egg Custard mit Seeigel macht, der ist hier gut aufgehoben.

Danie Bowien, Chris Ying: The Mission Chinese Food Cookbook




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