Die Schweinsköpfe feiern, wie sie fallen

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Ich bin mir nicht sicher, welcher Teil des Schweins der beste ist: der Kopf oder der Bauch. Der Bauch hat für mich die perfekteste Fett- und Fleischbalance, die ideale Mischung zwischen bissfest und cremig. Der Kopf aber ist in seiner Vielfalt und Schweinischkeit ungeschlagen: Er gibt uns die fleischigen Wangen und die knackige Zunge, den cremig-weichen Rüssel, das schmelzende Kinn und die knusprigen Ohren. Meist wird der Sauschädl zur Schweinssymphonie, der Sulz, verdichtet – das muss aber nicht sein.

Vor ein paar Wochen bin ich auf Twitter über dieses Foto gestolpert und war begeistert. Der wunderbare Max Stiegl (besuchen Sie ihn!), dem ich das Bild weitergeleitet habe, hat nun sehr spontan zwei Köpfe ausgetrieben – und weil man den Schweinskopf feiern muss, wie er fällt, haben wir uns umgehend an die Verarbeitung gemacht.

Für die klassische Porchetta wird zumeist ein Ferkel entbeint und mit sich selbst erneut befüllt, die Porchetta di Testa ist ein verkopftes Sub-Genre. Der Sauschädl wird zwecks Würze gesurrt, dann entbeint, eingerollt und sehr lange gegart, bevor er entweder heiß und knusprig oder kalt und cremig zu Tisch kommt. Das dauert zwar insgesamt drei, vier Tage – es macht aber nicht übermässig viel Mühe und ist eine wunderschöne Beschäftigung für kalt-graue Winternachmittage.

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Achtung: Ein Porchetta di Testa ist nichts für Fett-Phobiker, und auch hartgesottene Schweinsconnaissseure werden nicht viel mehr als eine Scheibe genießen wollen. Die aber hats  dafür in sich: viel schweinischer wird’s nicht mehr auf dieser Welt. Ein halber Kopf reicht leicht für sieben sehr schweinsaffine Esser, ein ganzer bekommt ein kleines Bierzelt satt.

Porchetta di Testa

Die gewünschte Menge an halben Schweinsköpfen einsuren (ganze sind für Nicht-Schweinehalter aufgrund der Zerlegepraxid von Schlachthäusern nur sehr selten zu bekommen. Der Schweinsopf ist ein guter Test, ob Ihr Fleischer noch selber schlachtet.) Für die Salzlake auf einen Liter Wasser 50 Gramm Salz und etwa 10 Gramm Zucker oder Honig mischen – je nach Größe des Kopfs und des Topfs werden sie zwischen zwei und fünf Liter brauchen. Ordentlich Knoblauchzehen, Pfefferkörnern, Lorbeerblättern und was einem sonst noch so in den Kram passt (Zwiebel? Kräuter?) dazuschmeissen und zum Kochen bringen.  Auskühlen lassen – die Lake soll höchstens Körpertemperatur haben, sie wollen ja keine Schweinssuppe – den Kopf hineinlegen und zwei Tage an einem kühlen Ort stehen lassen.

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Aus der Lake nehmen, gründlich abwaschen und entbeinen. Das dauert zwar bei Ungeübten etwas, ist aber nicht sonderlich schwer: Einfach mit einem scharfen Messer immer schön am Knochen entlang schneiden. Die Vertiefungen der Wangen sind etwas Fizzelarbeit, weil das ganze aber sowieso gerollt wird, ist es völlig egal, ob die Schnittfläche hübsch oder zerfleddert aussieht.

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Die entbeinte Maske mit der Hautseite nach unten auf ein Brett legen und übergroße Fleischstücke abschneiden, sodass die Maske einigermassen flach ist. Den Knoblauch und andere erwünschte Gewürze darauf verteilen. Klassisch wäre Salbei, ich habe diesmal Chili genommen, täte das aber beim nächsten Mal lassen Dafür verträgt der Kopf Unmengen an Knoblauch, und nach dem Garen ist die Knolle als Püree wirklich köstlich. Seien Sie hemmungslos!

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Das abgeschnittene Fleisch mit dem Schnitzelhammer flach klopfen und ebenfalls darauf verteilen. Gerade so viel nehmen, dass sich der Kopf noch gut einrollen lässt. Ebendas tun. Er wird am Schnauzenende zwangsläufig dünner sein, aber das macht nichts. Wie einen Rollbraten mit Garn binden.

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Nun kommt es ein bisserl darauf an, wie Sie Ihren Kopf genießen wollen: Warm oder kalt. Ich persönlich finde, dass Schweinskopf in dieser Form eher nur frisch aus dem Rohr wirklich gut ist, weil er kalt sehr stark ausgeliert und stellenweise – etwa an der Schnauze – ein gummiartige Konsistenz entwickelt.

Die Warmesser packen ihn einfach so, wie er ist, bei etwa 75 Grad ins Rohr auf ein Gitter und lassen ihn dort etwa 12 Stunden über Nacht stehen. Achtung: Wanne drunter nicht vergessen, die das üppig abtropfende Fett und die Säfte auffängt. Einmal erkaltet sind sie ein herrlicher Brotaufstrich. Mitunter muss die Masse allerdings mit der Küchenmaschine püriert werden – der Kopf enthält so viel Gelatine, dass das die kalten Säfte ganz schön fest werden.

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Vor dem Servieren das Rohr auf 250 (oder mehr) Grad aufheizen und wenn es ordentlich heiß ist den Schweinskopf für etwa 15 Minuten hinein schieben, bis er überall so richtig knusprig ist (hier gibt es eine ganz hervorragende theoretische Abhandlung über die perfekte knusprige Schwarte). Idealweise wirft er jede Menge Blasen. Ist das Rohr nicht ganz so gut, empfiehlt es sich, den Kopf während des heiß Bratens hin und wieder zu wenden. Herausnehmen, in Scheiben schneiden und mit sehr viel frisch gerissenem Kren servieren.

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Die Kaltesser wickeln ihren Schweinskopf vor dem Braten fest in Alufolie ein und schieben ihn dann ebenfalls bei 75 Grad 12 Stunden ins Rohr. Anschließend heraus nehmen, wenn möglich nochmals fest einwickeln (um ihn zu pressen) und an einem kalten Ort gelieren lassen. Auspacken, in dünne Scheiben schneiden und servieren – etwa mit einer sauren Vinaigrette, Chili und einigen Koreanderblättern, oder mit ordentlich Dijon und Ruccola im Sandwich.

Natürlich kann man auch die obige Variante noch kalt verspeisen  – die Kruste wird aber mitunter etwas hart und der Kopf ist nicht gar so fest gepresst. Frohes Schweinskopf-Basteln.

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