Köpfe, egal von welchem Tier, sind eine oft verkannte Köstlichkeit. Roh optisch nicht das, was sich der Standard-Esser unter appetitanregend vorstellt, belohnen sie jeden reich, der sich auf sie einlässt. Das schönste an ihnen ist, was sich da auf engsten Raum an Vielfalt tummelt (aber das hab ich eh schon besungen) und wie herrlich cremig und geschmacksintensiv Teile wie Wange oder Nacken dank Gelatine und Fett sind.
Bei unserem Heurigen solls den Kopf in hoffentlich mehreren Formen geben. Eine davon ist die Wildschwein-Sulz. Das Wildschwein ist im Übermass vorhanden, es aufzuessen zählt in vielen Gegenden zum Umweltschutz. Es verbringt ein Leben, von dem die allermeisten domestizierten Schweine nur träumen können, die Art der Schlachtung – Erschossen beim Eichelfressen – könnte tierfreundlicher nicht sein. Weil es aber so viel Wildschwein gibt und es keinen besonders guten Ruf hat, ist es um etwa sechs Euro pro Kilo zu haben. Wildschwein-Köpfe werden vom Jäger oft sogar weggeschmissen, was mehr als Schade ist.
Günter Windisch, der großartige Jäger meines Vertrauens (rufen Sie ihn an, falls Sie Wild brauchen!) wird so freundlich sein, über die kommenden Wochen einen Wildschweinkopf Vorrat anzulegen und einzufrieren. Die werden dann wie folgt verarbeitet.
Bitten Sie ihn, Ihnen zu sagen, wann er ein idealerweise jüngeres Wildschwein geschossen hat. Junge Tiere enthalten mehr Kollagen, das später in der Hitze des Kochens zu Gelatine wird – die wiederum später ihre Sulz zusammenhält. Wenn das Schwein zerlegt wurde, holen Sie sich Ihre Teile möglichst frisch ab. Nehmen Sie alles an Wildschwein-Resten, was er ihnen geben kann und will: Natürlich den Kopf (abgezogen, aber mit Zunge drin), Knochen, vor allem Gelenke, (In handliche Stücke gehackt) (er wird sie selbst wahrscheinlich nicht brauchen), und gerne auch das Herz und, falls vorhanden, ein paar Extrazungen.
Ein Tag vor dem Sulz essen
Wer will, der surt Kopf und Zungen einen Tag in fünfprozentiger Salzlake, das würzt und sorgt für saftigeres Fleisch. Es geht aber auch ganz hervorragend ohne. Packen Sie Ihre gesamte Jäger-Beute – das Fleisch und die Knochen – in einen möglichst großen Topf, werfen Sie Würzgemüse dazu und bedecken Sie es mit Wasser. Wie bei jeder Knochen-Arbeit kann auch hier eine Metall-Säge sehr hilfreich sein: Mit ihr lassen sich widerspenstige Knochen und zu lange Schweineschnauzen kürzen, um den Wasser-Einsatz gering zu halten.
In meinen Topf kamen: Ein Sauschädl, ein Herz, zwei Zungen, vier Fußknochen und die gesamte Wirbelsäule. Außerdem Zwei große Karotten, ein Bund Frühlingszwiebel, ein Bund Petersil, einie Zweige Thymian, eine Knoblauchknolle, fünf, sechs Lorbeer-Blätter, einige Pfefferkörner, und, zu guter Letzt, eine Flasche Weißwein.
Bringen Sie das ganze auf etwa 80 bis 90 Grad und lassen Sie es so lange unbedeckt vor sich hin köcheln, bis sich der Unterkiefer leicht vom Schweinsschädel löst – erfahrungsgemäss dauert das etwa zwischen vier und fünf Stunden. Nehmen Sie den Topf vom Feuer und lassen ihn eine halbe Stunde etwas auskühlen. Nehmen Sie den Kopf und was sie sonst noch alles essen wollen (Zungen, Herzen, Fleisch von den Fußknochen…) aus dem Topf. Gießen Sie die Suppe durch ein feines Sieb, bringen Sie sie erneut zum Kochen und reduzieren Sie sie um etwa ein Drittel.
Während ihre Suppe verdampft, pflücken Sie das Fleisch vom Kopf, schälen die Zunge(n) und schnipseln/zupfen schließlich den Haufen bissgroße Stücke. Währenddessen naschen Sie idealerweise vom herrlich-saftig-gelatinetriefenden Fleisch – ganz so gut wie es jetzt ist wird es meiner Meinung nach später nicht mehr. (Die Sulz ist daher genzugenommen nur dafür da, das, was man nicht gleich essen kann, haltbar zu machen).
Schnappen Sie sich eine Terrinen- oder Auflaufform und legen Sie sie mit Klarsichtfolie aus. Nehmen Sie ihren Fleischhaufen und würzen ihn kräftig (!) mit Salz, Pfeffer, Muskatnuss (frisch gerieben!), Neugewürz (frisch gemahlen!) und einem ordentlichen Schuss Essig. (Rot, Weiß, Apfel, was auch immer Sie zur Hand haben – nur den unsäglich-überstrapazierten Balsamico-Essig (bzw was sich als solches im Supermarkt ausgibt) gilt es zu vermeiden). Mischen Sie die Masse mit den Händen ordentlich durch und packen Sie sie in Ihre Auflaufform. Gießen Sie die reduzierte Suppe darüber. sodass das Fleisch gerade bedeckt ist, schlagen Sie Klarsichtfolie darüber und stellen das ganze kalt.
Am Tag des Essens
Wenn alles gut gegangen ist, haben Sie 24 Stunden später eine feste, feiste Sulz, die sich problemlos aus der Form stürzen lässt. Schneiden Sie sie in nicht zu dünne Scheiben und servieren Sie sie, etwa mit bitterem Salat (als Fett-Konter), Dijonsenf, kernweichem Ei und knusprigem Weißbrot.
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